Irgendwann musst Du nach Biel.
So lautet der Titel des Buches von Werner Sonntag und ja er hat recht.
Das Erlebnis Biel100 kann man sich sicher vorstellen aber erst wenn Du die Strecke unter deine Füsse genommen hast, den Staub geschmeckt und feststellst, wo man überall Muskelschmerzen bekommen kann. Genau dann weisst Du, von was ich hier berichten möchte.
Wir treffen um 20 Uhr auf dem Areal der Tissot Arena ein. 2 Stunden bis zum Start und meine Anspannung hält sich (noch) in Grenzen. Die Stimmung ist unter den Anwesenden ausgelassen. Der Veranstalter interviewt einzelne Teilnehmer, fragt nach ihrem Befinden und wie oft sie den schon teilgenommen haben. Viele sind Wiederholungstäter, für einen Läufer ist es sogar die 45 Teilnahme, Wahnsinn!
21:30 Uhr, für die Velocoaches geht es jetzt gemeinsam nach Lyss. Chrissi und ich verabschieden uns und er begibt sich mit den anderen Velocoaches auf den Weg zum Treffpunkt nach Lyss. Es ist jetzt 21:55 Uhr der Speaker heizt die Menge nochmals richtig an und mein Puls ist jetzt schon über 100, obwohl ich noch ruhig dastehe.
22:00 Uhr es geht los, die ersten Kilometer durch die Innenstadt von Biel sind wahnsinnig man läuft nicht, sondern wird von den Zuschauern durch die Strassen förmlich getragen. Es ist wie ein Wettkampf mit Volksfestcharakter. Aus Biel raus kommt auch schon der erste Anstieg, welcher zwar steil aber noch kein Problem darstellt. Weiter geht es in Richtung Lyss. Nach ca. 2:10 komme ich in Lyss an. Während ich nach Chrissi Ausschau halte, schallt es durch die Menge: STEFAN hier bin ich!!!
Ab jetzt geht es gemeinsam durch die Nacht der Nächte. Es sei bemerkt, mit einem Freund an deiner Seite musst Du zwar die 100 Kilometer trotzdem allein rennen aber geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid.
Alle 5 Kilometer an der Strecke warten fleissige Helfer an den Verpflegungspunkten, um uns mit Getränken und Essen zu versorgen. An dieser Stelle möchte ich nochmals ein riesiges Dankeschön an all die freiwilligen Helfer richten, den ohne Euch wären solche Laufevent nicht möglich. Danke!
Obwohl ich nicht oft auf meine Uhr schaue, vergehen die Kilometer wie im Fluge. Doch dann kam es wie es kommen musste. Etwa ab Kilometer 56 in Kirchberg kündigten mir mein Hüftbeuger gefolgt von meinen Oberschenkeln die Freundschaft. Was sich anfangs noch als leichtes zwicken äusserte wurde nach Bibern zu einer Herausforderung. Der letzte laaaaange Downhill runter nach Arch hatte es in sich. Aber deswegen jetzt Aufgeben? Auf keinen Fall!
Nach einem schier nicht enden wollenden Abschnitt der Aare entlang überqueren wir bei Büren den Fluss und werden auch kurz darauf vom 90 Kilometer Schild begrüsst. Das und die vielen, motivierenden Nachrichten, die ich morgens auf mein Handy erhalten habe, geben mir den benötigten Motivationsschub für den Schluss. Noch schnell ein Bild beim letzten Schild 99 Kilometer und dann ab ins Ziel.
An der Tissot Arena werden wir die letzten Meter von einer riesigen Menschenschar praktisch ins Ziel gefeiert. Allein dafür hat es sich schon lohnt diesen Lauf gemacht zu haben. Stolz und sichtlich erschöpft geniessen wir noch ein wenig die Atmosphäre und kehren dann glücklich in unsere Unterkunft zurück.
Stefan Stiehl