57. Schwarzwald-Marathon – der Klassiker lebt!
Zum 13. Mal absolvierte ich am 12. Oktober den Schwarzwald-Marathon in Bräunlingen. So viele Leute haben mich nach dem erfolgreich absolvierten Lauf gefragt – jetzt bin ich zu Hause über meine Liste gegangen… Zudem war ich auch mal dort und musste leider aufgeben und einmal lief ich beim Halbmarathon mit und mindestens einmal beim 10 km-Lauf. Zur Erinnerung: Der „Schwarzwälder“ ist der weltälteste Natur- und Frauenmarathon und als Legende weit über die Grenzen Europas hinaus bekannt, vor allem vor dem Aufkommen der Stadtmarathons galt es als Deutscher oder Schweizer Marathon-Läufer als „Muss“ auch dort mal mitzulaufen. Ein Blick ins Archiv – auch auf Wikipedia – bestätigt dies. Die europäische Elite der Marathonläufer gab sich dort in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren ein Stelldichein. Für mich ist dieser Lauf und die Strecke sehr speziell: Ich durfte viermal das Siegerpodest besteigen. Das erste Mal im 1987 mit P.B. und nie mehr erreichten 2h55 und das letzte Mal im 2010, als 48-Jährige, in 3h19. Lange wurden die Gesamtsieger- und –siegerinnen in einen Stein, nahe der Stadthalle gemeisselt. Der Stein wurde zu klein und jetzt steht eine schöne, grosse Tafel vor der Stadthalle und dort werden alle Jahre die Sieger*innen mit einem kl. Schild eingraviert. Als ich dies am Vortag sah, wollte ich unbedingt eine Foto von mir vor dieser Tafel – aber erst nach erfolgreich absolviertem (128.) Marathon. Also dann….
Da ich nun im Grossmutter-Alter bin und es ältere Leute gerne e t w a s gemütlicher nehmen, fuhren Fabian (auch im Grosäti- bzw. Pensionierten-Alter) und ich schon am Samstag in die Region und machten in Donaueschingen noch etwas Sightseeing, Bier- und Kaffee-Plausch. Auch die Startnummer in Bräunlingen wurde geholt. Wir kamen dort im Laufzentrum gerade an, als die rund 500 10-km-Läufer, gefolgt von den Walkern auf die Strecke geschickt wurden. Da war schon ordentlich was los! Übernachtet haben wir in Donaueschingen und ohne dass ich hätte fragen müssen, wurde uns beschieden, dass das Morgenessen bereits ab 7.30 Uhr möglich sei. Aha, wir waren also nicht die Einzigen, welche wegen des „Schwarzwälders“ hier übernachteten – was sich am Sonntagmorgen bestätigte. Emsiges, sehr ruhiges und konzentriertes Treiben im Speisesaal (Ihr kennt das!).
Bevor wir rund eine Stunde vor dem Start von Donaueschingen nach Bräunlingen fuhren, mussten wir noch die Autoscheiben abkratzen. Es war kalt und es brauchte, angekommen in Bräunlingen, etwas Mut von mir, „Tenu kurz“ zu wählen. Beim Auslesen meiner Uhr sah ich, dass es mindestens beim Start „schon“ 7 Grad „warm“ war. Es waren ziemlich genau 500 Marathonis, welche den Klassiker unter die Füsse nahmen. Wie „überall“ ist es auch im Schwarzwald so, dass die Veranstaltung zwar „Marathon“ heisst und deswegen Sponsoren generiert werden können, den Hauptharst macht aber der Halbmarathon mit rund 1‘800 Startenden aus! Zusammen mit dem 10er, dem Walking, einem Fun-Run und dem Piccolo-Lauf ergab sich an diesem 12. Oktober damit ein Teilnehmerrekord von über 4‘000 Startenden. Nur so kann man solch ein „Marathon“ rentabel gestalten.
Zusammen mit Susanne Bitzer, auch so einer Lauf-Legende – sie gewann im 1986 den allerersten Swiss-Alpine-Marathon – lief ich die ersten Kilometer los. Ich wusste, dass sie zwäg war (5h11 kürzlich am „Jungfrau-Marathon“). Obwohl ich länger mit/bei ihr laufen wollte, war ich automatisch immer etwas schneller und lief dann mein eigenes Tempo weiter. Es lief gut. Je mehr westlicher und höher wir kamen, desto bewölkter wurde es. Ich war sehr froh um meine wollenen Handstössli. Ich vermied es, auf die Uhr zu schauen. Nur ohne Druck weiterlaufen, war mein Credo. Es lief und lief und lief… irgendwie kam mir alles bekannt vor. Nur den Waldboden, den hatte ich nicht so okker in Erinnerung und teilweise war er immer noch aufgeweicht (wahrscheinlich vom Regen und von Waldarbeiten). Als ich auch bei km 30 noch ein gutes Gefühl hatte, wollte ich bis km 32 warten mit dem ersten Blick auf die Uhr. Da kam mir Fabian dazwischen, welcher mich dort, bei Unterbränd, mit Cola versorgte. 40 Jahre Betreuer-Erfahrung! Die Cola-Flasche war geöffnet und die Kohlensäure draussen. So wartete ich dann bis km 33 mit dem ersten Blick auf die Uhr….. „Wow, Jackie – bist Du langsam geworden…“ 2h51 zeigte meine Laufuhr an… Im ersten Moment war ich etwas enttäuscht, sah mich auch – wie einst – demnächst ins Ziel laufen… und jetzt war ich noch nicht mal bei km 35! Leute: wenn das kein biologischer Beweis fürs Altern ist!!!!
Aber dann gibt’s ja auch noch eine Psyche: Die sagte mir: „Wenn Du jetzt so weiterläufst und jeden Kilometer um die 5 Minuten läufst, so könnte es unter 3h40 reichen“. Es hatte glücklicherweise immer viele Zuschauende unterwegs (früher fuhr man mit dem Auto den Läufern nach, heute per Bike und ist somit beweglicher). Auch macht man sich immer noch die Mühe, in den Weilern aufmunternde Plakate aufzuhängen („Wir grüssen Christian, den schnellsten Wolf des Schwarzwaldes“, etc. etc. ). Auch zeigte sich jetzt die Sonne wieder und es wurde merklich wärmer. So lief ich dann weiter und verzichtete auf weitere Rechnerei. Es gelang mir sogar, noch den einen oder andern jungen Läufer zu überholen. Ich selber wurde eigentlich nie mehr überholt und das war ein gutes Zeichen. Erst bei km 40 musste ich dann etwas beissen – es gelang mir also lange, mit den guten Reserven und locker zu laufen. Und doch gingen auch die letzten 2km durch Bräunlingen noch einigermassen gut. Auch das eine Folge des Tempos und des Alters: man kann wohl nicht mehr so gut an seine Grenzen gehen.
Mit 3h35 war ich dann doch zufrieden. Erst als ich die Uhr auslas, wurden mir die vielen Komplimente bewusst. Der Schwarzwald-Marathon ist mit 483 Metern Höhendifferenz (auch runter) gespickt. Bewusst wurde mir aber vor allem welche Superzeiten uns „früher“ gelangen! Der Vater der Gesamtsiegerin Stefanie Doll, Charly Doll, hat mir bei Kaffee und Kuchen dann erzählt, dass er in 2h26 mal als Zweiter einlief – einer war mit einer Superzeit noch schneller! Im 2025 reichten 2h36 zum Sieg (Lennart Nies). Stefanie Doll von der Super-Sportfamilie (ihr Bruder ist der Biathlet Benedikt Doll) siegte übrigens in 2h53. Bald kam auch Susanne Bitzer an. Sie war mit ihren 3h51 ebenfalls zufrieden. Sie ist übrigens 4 Jahre jünger als ich und erreichte bei den W55 den 3. Rang. Gewonnen wurden die W55 von Tanja Volm, Mitglied „unseres“ 100 Marathon Club Schweiz in 3h41. Die älteren Damen zeigten also, was in ihnen steckt.
Da in der Schweiz mit dem Hallwilersee-Lauf dem Bürenlauf, dem Brienzersee-Lauf und dem Ascona-HM der Laufkalender sehr gut gefüllt war, waren die Schweizer Teilnehmenden im Schwarzwald für einmal gut überschaubar. Nach der langen Siegerehrung (es wurden im HM auch noch die Baden-Württembergischen Meister in ALLEN Kategorien geehrt) waren wir froh, dass wir in knapp 5/4h wieder in Gebenstorf eintrafen. Am Abend, bei einem feinen Nachtessen, wurde mir nochmals bewusst, wie lange ich schon dabei bin und welch grosses Glück ich habe, immer noch gesund zu sein und auch gut mitlaufen zu können. Es war meine langsamste Zeit am Schwarzwald-Marathon aber trotzdem bin ich zufrieden mit meiner Leistung (J.K. 13. Rang overall (135 Klassierte) 1. Rang W60 (3h35.48).
Jacqueline Keller